Wie sehen Sie das mit dem Ehrenamt?

Das folgende sind Auszüge aus meiner Rede zum Ehrenamtsdialog am 17. September 2018

Vor über 40 Jahren bin ich Mitglied in einem Sportverein in Zweibrücken geworden und habe dort mehr schlecht als recht Leistungssport getrieben.

Mit 16 wurde ich ehrenamtlicher Jugendleiter und dann Übungsleiter. Diese Zeit hat mich geprägt wie keine andere in meinem Leben.

Ich lernte den Umgang mit Menschen, erwarb Konfliktfähigkeit, Problemlösekompetenz und die Übernahme von Verantwortung.

Ich erlernte vor 35 Jahren, was heute mit sozialer Kompetenz beschrieben wird und von unserer Gesellschaft und von Unternehmen eingefordert wird.

Wie für viele war damit der Weg zu einer Funktionärstätigkeit vorgezeichnet. Nach wenigen Jahren bin ich in den Vorstand gewählt worden und habe dort erst realisiert, wie wichtig meine Übernahme eines Ehrenamtes für den Verein war.

Mir wurde bewusst, dass es meinen Verein ohne das Ehrenamt nicht geben kann. Vielmehr, dass es Vereine in Zweibrücken ohne das Ehrenamt nicht geben kann.

Das Ehrenamt nimmt eine bedeutsame gesellschaftliche Funktion wahr:

  • Menschen, die dieses Ehrenamt ausüben, stützen unsere Gesellschaft
  • das Ehrenamt integriert und verbindet
  • es sorgt dafür, dass Menschen und insbesondere Kinder und Jugendliche aus allen gesellschaftlichen Schichten einen Platz in der Gesellschaft finden können
  • es nimmt eine bedeutende präventive Funktion wahr, die zwar nur schwer messbar aber unverkennbar da ist.

In Zeiten, in denen Populismus und Ausgrenzung wieder salonfähig und wählbar werden, ist soziales Engagement von herausragender Bedeutung.

 

Die Zeit formulierte dies in einem Beitrag

„Wie arm wäre Deutschland ohne das Ehrenamt? Gäbe jeder Dritte von uns – so viele sind es nämlich – sein Engagement auf, reduzierten sich unkomplizierte Hilfe, zwischenmenschliche Wärme und unzählige Freizeitangebote wohl auf ein Minimum. Unsere Gesellschaft wäre in der Tat wesentlich ärmer. Mehr noch, sie wäre wohl ziemlich armselig.“

  • Wenn ich mich daran erinnere, mit welchem Engagement sich Ehrenamtliche um die Flüchtlinge gekümmert haben, die nach Zweibrücken kamen und die Initiativen, die in diesem Zusammenhang entstanden sind und die noch heute existieren.
  • Wenn ich sehe, wie sich täglich Menschen in Feuerwehr, THW und den Rettungsdiensten engagieren und dabei für uns oft ihr Leben riskieren.
  • Wenn ich sehe, wie sich Jung und Alt für ihre Vereine in Sport und Kultur einbringen.
  • Wenn ich darüber nachdenke, wie viele von diesen Menschen wir gar nicht sehen, weil es ihnen nur um die Sache geht.

Wir können den Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren nicht genug danken.

Die Übernahme eines Ehrenamtes ist aber auch eine Verpflichtung.

Unterhält man sich mit den Verantwortlichen in den Vereinen wird deutlich, dass immer weniger Menschen diese Verpflichtung eingehen möchten. In meiner Zeit als Vorsitzender des Stadtverbandes für Sport musste ich erleben

  • wie tradierte Veranstaltungen wegen fehlenden Helfern abgesagt werden mussten;
  • wie sich ein Verein kurz nach seinem 50-jährigen Jubiläum auflösen musste, weil sich niemand gefunden hatte, der die Verantwortung übernehmen wollte.

Das ist eine Entwicklung, die einen nachdenken lässt und wir müssen in einen Diskurs treten, wie wir dem entgegenwirken können.

Im Wahlkampf lernt man viel

Ich möchte die Erfahrungen im Wahlkampf um nichts missen.

Ich hatte die Möglichkeit mit sehr vielen Menschen aus dem Ehrenamt zu sprechen.

  • Ich habe Menschen getroffen, denen es gut geht, die zurückgeben wollen.
  • Menschen, denen geholfen wurde, die zurückgeben wollen.
  • Menschen, die ihre Freizeit damit verbringen sich für die Gesellschaft zu engagieren.
  • Menschen, die diese Verpflichtung seit vielen Jahren angenommen haben und sich oft bis an die Grenzen ihrer Belastbarkeit engagiert haben.
  • Alles Menschen, die für ihre Sache brennen und denen Anerkennung gebührt.

Ich hatte die Möglichkeit Gespräche mit Einrichtungen, Initiativen und Gruppierungen zu führen, die mir wahrscheinlich sonst nie möglich gewesen wären.

Wann hat man schon mal die Möglichkeit sich über mehrere Stunden hinweg über und mit Feuerwehr und Rettungsdiensten zu unterhalten.

Wann hat man die Möglichkeit sich umfassend mit den Menschen in Austausch zu kommen, die sich um Bedürftige kümmern.

Ich habe viel gelernt, ich habe viel mitgenommen und habe in jedem Gespräch mehr erkannt, welche Verantwortung man als Oberbürgermeister auch für das Ehrenamt übernimmt.

Sich für das Ehrenamt zu engagieren darf keine Symbolpolitik für den Oberbürgermeister sein, es ist eine Verpflichtung und eine Verantwortung.

DANKE an alle Ehrenamtlerinnen und Ehrenamtler.

Wenn ich Oberbürgermeister bin, können Sie auf mich zählen.